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Die Bundeswehr ist noch kein Instrument deutscher Außenpolitik

Generalleutnant a.D. Dr. Ulf von Krause Generalleutnant a.D. Dr. Ulf von Krause HP KB

Der Militärökonom Generalleutnant a.D. Dr. Ulf von Krause im Stadthaus:

„Die Bundeswehr ist noch kein Instrument deutscher Außenpolitik“

 

Als Neu-Hallenser vorgestellt wurde am 15. Mai 2013  Prof. Dr. Johannes Varwick im Rahmen einer Veranstaltung der Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik e.V. (GfW), Sektion Halle (Saale), und ihrer Kooperationspartner. Der neue Inhaber des Lehrstuhls Internationale Beziehungen und europäische Politik an der Martin-Luther-Universität bewies, dass er sein Wissen und seine Kontakte nicht nur an der Universität einbringen will: Er stellte das aktuelle Buch des Militärökonomen und Politikwissenschaftlers Dr. Ulf von Krause vor, das er als „Standardwerk der kommenden Jahre“ einschätzte, ehe dieser selbst seine Forschungsergebnisse ebenso spannend wie verständlich referierte.

Die Politik in Deutschland, stellte von Krause fest, habe zwar seit der Gründung der Bundeswehr deren Funktion immer wieder an neue Lagen anzupassen und zu verändern gesucht, den größten Teil der Gesellschaft dabei aber „nicht mitgenommen“. Weil nach Wegfall des Kalten Kriegs eine Art „Friedensdividende“ erwartet und eingefordert werde, seien bis heute im Bereich der Verteidigungspolitik und der Bundeswehr „Improvisationen“ üblich.

Varwicks Einschätzung, dass von Krause trotz oder wegen seiner beruflichen Erfahrungen „die Bundeswehr nicht idealisiert“, zeigte sich in dem Vortrag des Generalleutnants d. D. immer wieder. „Die Bundeswehr als Instrument deutscher Außenpolitik“, so war sein Fazit zur Titelthese seines Buches, habe es bisher nicht gegeben, und auch 2013 sei sie „noch kein normales und nur ein bedingt geeignetes Instrument deutscher Außenpolitik“.

Klar strukturiert ging er auf die politischen Funktionen der Bundeswehr seit deren Gründung ein: Nach der umstrittenen Wiederbewaffnung mit ihrer „Einhegung“ nach außen (über die Zugehörigkeit zur NATO) und nach innen (durch das Grundgesetz) folgte eine „graduell geänderte Sichtweise“ der nuklearen Abschreckung im Kalten Krieg, bei der es darum gegangen sei, „kämpfen zu können, um nicht kämpfen zu müssen“, was „Defizite tolerabel“ erscheinen ließ, solange die Gegenseite nichts davon wusste.

Bei den 2+4-Gesprächen anlässlich der Wiedervereinigung seien die Truppenstärken der Bundeswehr und der Nationalen Volksarmee „Tauschobjekt“ gewesen und die Bundeswehr innenpolitisch als „Armee der Einheit“ zum „Leuchtturmprojekt der Bundesregierung“ geworden. Außenpolitisch allerdings habe die nur finanzielle Beteiligung, die „Scheckbuchdiplomatie“, am Zweiten Golfkrieg das Ansehen Deutschlands bei den Bündnispartnern beschädigt, was zu einer Art „Salamitaktik“ führte, in deren Verlauf kleine Auslandseinsätze der Bundeswehr stattfanden, ehe im „Streitkräfteurteil“ vom 14. Juli 1992 die Out-of-Area-Einsätze für verfassungsmäßig zulässig erklärt wurden.

In ähnlicher Weise sei die Auffassung aufgeweicht worden, der zufolge deutsche Soldaten nicht in Gebieten tätig werden sollten, die von der Wehrmacht besetzt gewesen seien. „Es ist allerdings insgesamt eine zögerliche Anpassung der Bundeswehr an ihr neues Aufgabenspektrum“, stellte der Referent fest, „fehlende Fähigkeiten und fehlendes Material sind Anzeichen dafür.“ Immer wieder werde die „Nutzung von Gewalt als Mittel der deutschen Außenpolitik beschönigt“.

Dass Soldaten „keine bewaffneten Entwicklungshelfer“ seien, habe sich der deutschen Öffentlichkeit erst nach und nach „durch schwer wiegende Ereignisse in Afghanistan“ erschlossen. In diesen Einsatz sei die deutsche Politik 2001 „ohne präzise Zieldefinition hineingeschlittert“: Die Bündnistreue sei das einzige Ziel gewesen, und die Interessen des Bündnisses seien fälschlicherweise als deckungsgleich mit deutschen Interessen gesehen worden, weil weltweite eigene Interessen Deutschlands nicht definiert wurden. „Immer noch gibt es widersprüchliche Entscheidungen zu Beteiligung oder Nichtbeteiligung“ an militärischen Auseinandersetzungen aufgrund fehlender Interessensdefinition, beklagte von Krause. Das belaste das Vertrauen der Bündnispartner und verunsichere auch die Menschen in Deutschland.

Die neue Kooperation mit der Friedrich-Naumann-Stiftung, die Peter-Andreas Bochmann als Leiter von deren Regionalbüro Mitteldeutschland kurz vorstellte, sowie mit der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg verbreiterte den Zuhörerkreis der GfW und ihrer langjährigen Kooperationspartner, unter anderen dem Verband der Reservisten der Deutschen Bundeswehr e.V. , Landesgruppe Sachsen-Anhalt, und der Stadt Halle (Saale), und eine lebhafte Diskussion im Anschluss zeigte das große Interesse an der Thematik. Damit dürfte der Referent, seinem eigenen Ansatz entsprechend, einen – wenn auch kleinen – Teil der Gesellschaft ein Stück weit „mitgenommen“ haben zu einem besseren Verständnis des Themas.

 

Quelle: GfW Sektion Halle

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